Salmonellenbefall und die Verantwortlichkeit des Einzelhandels

Lebensmitteleinzelhändlern kann eine Sanktion auferlegt werden, wenn von ihnen verkauftes frisches Geflügelfleisch mit Salmonellen kontaminiert ist. Frisches Geflügelfleisch muss das für Salmonellen geltende mikrobiologische Kriterium auf allen Vertriebsstufen einschließlich des Einzelhandels erfüllen.

Dies entschied jetzt der Gerichtshof der Europäischen Union in einem Fall aus Österreich. Dort wurde in der Filiale einer im Lebensmitteleinzelhandel tätigen Gesellschaft im Jahr 2012 von einem Organ der Lebensmittelaufsicht eine Probe von vakuumierter frischer Putenbrust gezogen, die von einem anderen Unternehmen produziert und verpackt worden war, die Filialkette war nur auf der Vertriebsstufe tätig. Die Probe war mit Salmonellen kontaminiert und daher „für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 178/20021. Die österreichischen Behörden leiteten gegen die Filialleiterin ein Verfahren wegen Nichtbeachtung lebensmittelrechtlicher Vorschriften ein und verhängten gegen sie eine Geldstrafe. Dagegen wendet sich die Filialleiterin vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol, der deshalb dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorlegte, wie weit die Verantwortlichkeit von Lebensmittelunternehmern reicht, die nur auf der Vertriebsstufe tätig sind.

In seinem jetzt verkündeten Urteil stellt der Gerichtshof der Europäischen Union fest, dass vom Unionsrecht erfasstes frisches Geflügelfleisch – im Wesentlichen Hähnchen, Legehennen und Truthühner2 – das für Salmonellen geltende mikrobiologische Kriterium auf allen Vertriebsstufen einschließlich des Einzelhandels erfüllen muss. Insoweit weist der Unionsgerichtshof darauf hin, dass das mikrobiologische Kriterium für „in Verkehr gebrachte Erzeugnisse während der Haltbarkeitsdauer“ gemäß der Verordnung (EG) Nr.2073/2005 der Kommission vom 15.11.2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel3 gilt.

Der Begriff „in Verkehr gebrachte Erzeugnisse“ erfasst Lebensmittel (wie frisches Geflügelfleisch), die zum Zweck ihres Verkaufs, ihres Vertriebs oder anderer Formen der Weitergabe, wozu auch der Einzelhandel gehört, aufbewahrt werden. Müsste das mikrobiologische Kriterium nicht auf allen Vertriebsstufen (einschließlich des Einzelhandels) eingehalten werden, liefe dies zudem darauf hinaus, eines der grundlegenden Ziele des Lebensmittelrechts, nämlich ein hohes Schutzniveau der Gesundheit der Bevölkerung, zu konterkarieren.

Der Unionsgerichtshof stellt überdies fest, dass auch Lebensmittelhändlern, die allein auf der Vertriebsstufe tätig sind, eine Sanktion wegen Inverkehrbringens eines Lebensmittels, das das mikrobiologische Kriterium nicht erfüllt, auferlegt werden kann. Denn die Mitgliedstaaten müssen nach dem Unionsrecht bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen vorsehen. Die im österreichischen Recht bestehende Regelung über Geldstrafen kann dazu beitragen, das grundlegende Ziel des Lebensmittelrechts (ein hohes Schutzniveau der Gesundheit der Bevölkerung) zu erreichen, wobei das vorlegende Gericht jedoch sicherzustellen hat, dass diese Regelung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 13. November 2014 – C -443/13

  1. Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.01.2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. L 31, S. 1 []
  2. vgl. Anhang I der Verordnung [EG] Nr. 2160/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.11.2003 zur Bekämpfung von Salmonellen und bestimmten anderen durch Lebensmittel übertragbaren Zoonoseerregern, ABl. L 325, S. 1 []
  3. ABl. L 338, S. 1, in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 1086/2011 der Kommission vom 27.10.2011, ABl. L 281, S. 7 []