Kein Einzelhandel über 800 m²

Das Oberverwaltungsgericht hat es im Wesent­lichen abgelehnt, die in der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung vorge­schriebenen zusätzlichen Zugangsbeschränkungen für Betriebe des Einzelhandels mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 qm vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Danach darf in zulässigen Handelseinrichtungen die Anzahl von gleichzeitig anwe­senden Kunden jeweils einen Kunden pro angefangene 10 qm der Verkaufsfläche nicht übersteigen; in Handelseinrichtungen mit einer Gesamtverkaufsfläche von mehr als 800 qm darf diese Anzahl 80 Kunden zuzüglich jeweils einen Kunden pro ange­fangene 20 qm der über 800 qm hinausgehenden Verkaufsfläche nicht übersteigen. Bei Einkaufszentren, Einkaufspassagen und ähnlichen Einrichtungen ist die Gesamt­fläche aus zulässigerweise geöffneten Verkaufsflächen und Allgemeinflächen maß­geblich.

Gegen die weitere Zugangsbeschränkung für größere Einzelhandelsbetriebe wandte sich der Betreiber eines EDEKA-Markts mit einer Verkaufsfläche von 1.160 qm. Er machte unter anderem geltend, die angegriffene Regelung sei schon ungeeignet, das Kundenaufkommen zu reduzieren, sondern führe nur dazu, dass es zu Warte­schlangen mit entsprechenden Kontakten unter den Kunden vor den Märkten kom­me. Es treffe auch nicht zu, dass die Abstands- und Hygienevorgaben in großflächi­gen Lebensmittelmärkten nicht hinreichend sicher eingehalten werden könnten. Von großflächigen Handelseinrichtungen gehe insgesamt kein größeres Infektionsrisiko aus als von kleineren, da sich die Kunden auf einer größeren Fläche gut verteilen könnten. Die vorgenommene Differenzierung verstoße zudem gegen den Gleich­heitssatz, da Handelseinrichtungen mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 qm gegenüber Handelseinrichtungen mit einer geringeren Verkaufsfläche in Bezug auf die zulässige Kundenzahl benachteiligt würden. Schließlich sei die Regelung unter verschiedenen Gesichtspunkten unbestimmt.

Dem ist das Oberverwaltungsgericht überwiegend nicht gefolgt. Die nach Größe der Verkaufsfläche differenzierende Zugangsbeschränkung sei zur Eindämmung des aktuellen Infektionsgeschehens geeignet, erforderlich und angemessen. Die stärkere Einschränkung der zulässigen Kundenzahl für die Verkaufsfläche, die 800 qm über­schreite, verringere die Kundenzahl insgesamt und damit die Kontaktmöglichkeiten in den betroffenen größeren Einzelhandelsbetrieben. Dies führe zu einer Limitierung potentieller Infektionsquellen. Zwar könnten sich die Kunden auf der weitergehenden Verkaufsfläche rein rechnerisch genauso verteilen wie auf der Verkaufsfläche bis 800 qm. Eine gleichmäßige Verteilung über die gesamte zur Verfügung stehende Fläche sei jedoch nicht zu erwarten. In der Praxis komme es typischerweise insbesondere an den Frischetheken und in der Kassenzone zu Schlangen. Eine Reduzierung der Kundenzahl trage dazu bei, dass sich auch in diesen Bereichen der Mindestabstand besser einhalten und von den Mitarbeitern des jeweiligen Marktbetreibers auch kon­trollieren lasse. Auch eine Kontrolle der Maskenpflicht lasse sich bei weniger Kunden besser gewährleisten. Nennenswerte Umsatzrückgänge seien durch die bloßen Zu­gangsbeschränkungen nicht zu befürchten. Auch der allgemeine Gleichheitssatz sei nicht verletzt. Der Verordnungsgeber habe die besondere Attraktivität großflächiger Handelseinrichtungen berücksichtigen dürfen, die gerade während des sogenannten Lockdowns viele Kunden anziehen dürften. Die damit verbundenen Probleme bei der Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln rechtfertigten eine weitere Begrenzung der zulässigen Kundenzahl.

Erfolg hatte der Eilantrag lediglich hinsichtlich der Bestimmungen zu Einkaufszen­tren, Einkaufspassagen und ähnlichen Einrichtungen. Die Berechnung der dort zu­lässigen Kundenzahl sei nach dem Verordnungstext unklar und könne auch nicht durch Auslegung bestimmt werden. Danach lasse sich unter Zugrundelegung der Allgemeinflächen und der geöffneten Verkaufsflächen allenfalls berechnen, wie viele Kunden das Einkaufszentrum oder eine Einkaufspassage insgesamt betreten dürf­ten. Es bleibe jedoch unklar, wie die zulässigen Kundenzahlen bezogen auf die ein­zelnen dort ansässigen Handelseinrichtungen berechnet werden sollten. Jeder ein­zelne Gewerbetreibende müsse eine solche Berechnung indes durchführen können.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein -Westfalen, Beschluss vom 22. Dezember 2020 – 13 B 1917/20.NE