Die private Facebook-Seite des Mitarbeiters
Wirbt ein als Verkäufer tätiger Mitarbeiter eines Autohauses auf seiner privaten Facebookseite für den Kauf von Kraftfahrzeugen bei dem namentlich benannten Autohaus unter Hinweis auf seine dienstliche Telefonnummer, haftet das Autohaus für Wettbewerbsverstöße des Mitarbeiters nach § 8 Abs. 2 UWG, auch wenn es keine Kenntnis von der Handlung des Mitarbeiters hatte.
Eine Verantwortlichkeit des Autohauses als Täter oder Teilnehmer etwaiger unlauterer Werbemaßnahmen seines Mitarbeiters ist nicht dargetan. Eine hiervon losgelöste Störerhaftung scheidet im vorliegenden Fall, in dem es um Verstöße gegen verhaltensbezogene Pflichten geht, aus1.
Als Zurechnungsgrund kommt demnach nur die Vorschrift des § 8 Abs. 2 UWG in Betracht. Danach sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet, wenn die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen werden. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass der Betriebsinhaber sich bei Wettbewerbsverstößen hinter mehr oder weniger von ihm abhängige Dritte verstecken kann. Die Bestimmung begründet eine Erfolgshaftung des Betriebsinhabers ohne Entlastungsmöglichkeit. Er haftet auch für die ohne sein Wissen und gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangenen Wettbewerbsverstöße. Der innere Grund dafür, ihm Wettbewerbshandlungen Dritter, soweit es sich um den Unterlassungsanspruch handelt, wie eigene Handlungen zuzurechnen, ist vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugute kommenden Erweiterung seines Geschäftsbereichs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs zu sehen. Dementsprechend knüpft die Rechtsprechung die Haftung des Betriebsinhabers nach § 8 Abs. 2 UWG an die Voraussetzung, dass die Handlung, deren Unterlassung verlangt wird, innerhalb des Betriebsorganismus des Betriebsinhabers begangen worden ist, zu dem namentlich die Vertriebsorganisation gehört. Weiter ist erforderlich, dass der Handelnde kraft eines Rechtsverhältnisses in diesen Organismus dergestalt eingegliedert ist, dass einerseits der Erfolg seiner Handlung zumindest auch dem Betriebsinhaber zugute kommt und andererseits dem Betriebsinhaber ein bestimmender Einfluss jedenfalls auf diejenige Tätigkeit eingeräumt ist, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt. Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss sich der Betriebsinhaber gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste2. Nicht ausreichend ist, dass der Handelnde für einen Dritten oder im eigenen Interesse gehandelt hat3. Eine rein private Tätigkeit, die unter Missbrauch des Namens des Unternehmers und außerhalb der Grenzen der rechtlichen Befugnisse des Mitarbeiters stattfindet, unterfällt nicht der Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG. Für private Handlungen seiner Mitarbeiter haftet der Unternehmensinhaber wettbewerbsrechtlich nämlich nicht. Soweit die Mitarbeiter in ihrem privaten Bereich tätig werden, greift der Rechtsgedanke, dass der Unternehmensinhaber sich bei einer wettbewerbsrechtlichen Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können darf, nicht4.
Vorliegend handelt es sich nicht um eine private Tätigkeit des Mitarbeiters des Autohauses in dem beschriebenen Sinne. Dabei ist von dem Vortrag des Autohauses auszugehen, dass das Facebookkonto und die dort enthaltenen Mitteilungen nicht jedermann zugänglich sind, insbesondere nicht Geschäftspartnern des Autohauses, sondern seinen Freunden und Bekannten vorbehalten sind.
Der beschränkte Leserkreis, den der Facebookeintrag des Mitarbeiters des Autohauses haben sollte und auch, wovon für die Entscheidung auszugehen ist, hatte, hat nicht zur Konsequenz, dass es um eine private Tätigkeit des Mitarbeiters geht, für die die Beklagte von vornherein nicht einzustehen hätte. Nach dem streitigen Facebookeintrag will der Mitarbeiter nicht etwa im eigenen Namen oder aber für andere Dritte Neuwagen veräußern. Vielmehr weist er unter Verwendung eines Fotos, welches ein ersichtlich zum Verkauf herausgeputztes Kraftfahrzeug in einem Verkaufsraum zeigt, auf vielfältige Angebote des Autohauses hin und teilt mit, „bei Fragen stehe ich euch gerne unter der Telefonnummer 0761 .. zur Verfügung“, wobei diese Telefonnummer die Nummer ist, unter der er bei des Autohauses im Neuwagenverkauf erreichbar ist.
Das Autohaus muss für diese geschäftliche Handlung seines Mitarbeiters einstehen. Der beworbene Neuwagenverkauf ist ausschließlich auf das Unternehmen des Autohauses bezogen. Auch wenn sich die Werbeaktion des Mitarbeiters in einem privaten Bereich abspielt, geht es um die Förderung des Warenabsatzes eines fremden Unternehmens, in das der Mitarbeiter eingegliedert ist und für welches er mit der streitigen Anzeige wirbt. Dass der Mitarbeiter damit auch seine eigenen Verdienstmöglichkeiten erweitern will, ist für die Zurechnung seines Handelns ohne Bedeutung.
Mit dieser Abgrenzung wird der der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung entzogene private Bereich des Mitarbeiters nicht in unzumutbarer Weise beschränkt. Vielmehr hat der Mitarbeiter durch die Einstellung der Werbung für von dem Autohaus vertriebene Kraftfahrzeuge den Bereich privater Lebensgestaltung auf Facebook zu Gunsten geschäftlicher Tätigkeit verlassen. Die Werbung zielt auf marktgerichtetes Verhalten der hiervon angesprochenen Personen ab. Dass es sich dabei nur um Freunde und Bekannte des Mitarbeiters handelt, ändert an dem geschäftlichen Charakter der Werbung nichts. Der Begriff der geschäftlichen Handlung setzt nicht voraus, dass eine unbestimmte Vielzahl von Personen angesprochen werden. Erst recht ohne Bedeutung ist, dass es sich hierbei nach dem Vortrag des Autohauses nicht um Geschäftspartner des Autohauses handeln soll. Ein wesentliches Element von Werbung ist, den Kreis der Geschäftspartner zu erweitern.
Der Bereich, in dem der Mitarbeiter tätig geworden ist, zählt zu seinem dienstlichen Tätigkeitsbereich, nämlich dem Neuwagenverkauf. Das Autohaus hat hierauf uneingeschränkte Einflussmöglichkeiten.
Dass der Mitarbeiter des Autohauses Mitarbeiter im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG ist, ist unstreitig.
Die Haftung des Unternehmers nach § 8 Abs. 2 UWG setzt voraus, dass die zu verantwortende Handlung ihrerseits alle Tatbestandsmerkmale einer unlauteren Wettbewerbshandlung erfüllt5. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, nämlich hinsichtlich der Anforderungen über die Bereitstellung von Verbraucherinformationen über den Kraftstoffverbrauch und CO2 -Immissionen bei dem Marketing für neue Personenkraftwagen6.
Zum Verstoß gegen § 1 Pkw-EnVKV i.V.m. RL 1999/94/EG
Nach § 1 Pkw-EnVKV haben Hersteller und Händler, die neue Personenkraftwagen ausstellen, zum Kauf oder Leasing anbieten oder für diese werben, Angaben über den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen nach Maßgabe der §§ 3 bis 5 sowie der Anlagen 1 bis 4 zu machen, hier bezüglich des konkret beworbenen Modells (Scirocco, 2.0l TDI). Täter eines solchen Verstoßes können jedoch nicht nur Fachhändler oder Hersteller und von ihnen beauftragte Personen sein. Nach Art. 6 der Richtlinie 1999/94/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Werbeschriften die offiziellen Kraftstoffverbrauchswerte und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionswerte der betreffenden Personenkraftwagen gemäß Anhang IV enthalten. Die Mitgliedstaaten tragen gegebenenfalls dafür Sorge, dass anderes Werbematerial als die oben genannten Werbeschriften eine Angabe der offiziellen CO2-Emissionswerte und der offiziellen Kraftstoffverbrauchswerte des betreffenden Personenkraftwagenmodells beinhaltet. In hier gebotener richtlinienkonformer Auslegung7 sind demnach auch andere Personen, die entsprechendes anderes Werbematerial, das beim Inverkehrbringen neuer Personenkraftwagen genutzt wird8, einsetzen, gehalten, die gebotenen Informationen zu erteilen9. Hierbei handelt es sich um wesentliche Informationen, die dem Verbraucher aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen (§ 5a Abs. 4 UWG)10. Es handelt sich um eine wesentliche Information im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG. Das Autohaus hat für diese geschäftliche Handlung seines Mitarbeiters, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG auch der Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens dienen kann, einzustehen.
Zum Verstoß gegen § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung i.V.m. RL 80/181/EWG
Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung sind im geschäftlichen Verkehr Größen in gesetzlichen Einheiten anzugeben, wenn für sie Einheiten in einer Rechtsverordnung nach diesem Gesetz festgelegt sind. Für die gesetzlichen Einheiten sind die festgelegten Namen und Einheitenzeichen zu verwenden. Nach § 1 Abs. 1 der Ausführungsverordnung zum Gesetz über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung in Verbindung mit Anl. 1 Nr. 50 ist die (alleinige) Angabe der Motorleistung in PS nicht statthaft. Es handelt sich hierbei um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, die dazu dient, eine informierte Entscheidung des Verbrauchers zu ermöglichen. Es geht vorliegend um den geschäftlichen Verkehr im Sinne von § 1 des Gesetzes. Trotz Einstellung in eine private Seite auf Facebook ist Ziel der Aktion die Förderung des Absatzes eines Unternehmens. Es werden ganz verschiedene Modelllinien und auch ein konkretes Modell beworben. Eines der beworbenen Fahrzeuge wird mit dem Bild des Fahrzeugs in herausgeputzten Zustand, ersichtlich eine Aufnahme aus einem Verkaufsraum mit im Hintergrund stehenden weiteren zum Verkauf stehenden Neufahrzeugen, vorgestellt. Der Mitarbeiter des Autohauses gibt seine geschäftliche Telefonadresse an. Es wird eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers („UPE“) genannt, also ein Preis inklusive Umsatzsteuer, wie sie im Geschäftsverkehr mit einem Unternehmer, nicht aber im privaten Bereich anfällt. Die Informationspflicht aus dieser Richtlinie dient der informierten Entscheidung des Verbrauchers (vergleiche deren Einleitung, wonach In den meisten Bereichen der menschlichen Tätigkeit mit Einheiten im Meßwesen gearbeitet werde und bei deren Verwendung größtmögliche Klarheit herrschen müsse und den Hinweis darauf, dass (selbst) während der Übergangszeit jedoch bei der Verwendung der Einheiten im Meßwesen im Handel zwischen den Mitgliedstaaten Klarheit herrschen müsse, um vor allem den Verbraucher zu schützen.). Deshalb beeinträchtigt ein Verstoß gegen die hieraus resultierenden Pflichten die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund zutreffender Informationen zu entscheiden, in spürbarer Weise (§ 3 Abs. 2 UWG) und kann nicht als Bagatellverstoß gewertet werden. Die Richtlinie 80/181/EWG ordnet Informationen im Sinne von § 5a Abs. 4 UWG an, die wesentlich sind (§ 5a Abs. 2 UWG)11.
Zum Verstoß gegen § 5 TMG
Nach § 5 Abs. 1 TMG haben Diensteanbieter für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien die nachfolgend genannten Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Zu den hiervon erfassten Telemedien (vergleiche § 1 Abs. 1 TMG) gehören die hier beworbenen elektronisch beworbenen Angebote12. Diensteanbieter ist jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt (§ 2 Nr. 1 TMG). Diensteanbieter ist damit diejenige natürliche oder juristische Person, die durch ihre Weisungen oder ihre Herrschaftsmacht über Rechner und Kommunikationskanäle Verbreitung oder Speichern von Informationen ermöglicht und nach außen als Erbringer von Diensten auftritt. Dies ist im Regelfall das für die Website insgesamt verantwortliche Unternehmen oder die verantwortliche Person. Entscheidend ist, wer über den Inhalt und das Bereithalten des Dienstes bestimmen kann, unerheblich ist, wie der Diensteanbieter sein Angebot bewerkstelligt oder wessen Inhalte, Produkte oder Werbung auf einer Seite angezeigt werden. Auch derjenige, der nicht über einen eigenen Server verfügt, kann Anbieter eines Teledienstes sein13. Somit ist das Autohaus, das die Werbung nicht in Facebook eingestellt hat und – mangels anderer einschlägiger Normen auch nicht für die Tätigkeit seines Mitarbeiters einzustehen hat – nicht Diensteanbieter im Sinne des Telemediengesetzes.
Landgericht Freiburg, Urteil vom 4. November 2013 – 12 O 83/13
- vgl. BGH GRUR 2011,152 – Kinderhochstühle im Internet Rdnr. 48 [↩]
- BGH GRUR 1995,605 – Franchise-Nehmer [↩]
- vergleiche BGHZ 180,134 – Halzband; Magazindienst 2012,802 – Beauftragendenhaftung [↩]
- vergleiche BGH GRUR 2007,994 – Gefälligkeit [↩]
- vergleiche Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren 10. A. Kap 14 Rdnr.19; Ahrens/Jestaedt, Der Wettbewerbsprozess 6.A. Kap. 21 Rdnr. 27; BGH GRUR 1996,798 – Lohnentwesungen [↩]
- Richtlinie 1999/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.1999 und Richtlinie des Rates vom 20.12.1979 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Einheiten im Meßwesen und zur Aufhebung der Richtlinie 71/354/EWG (80/181/EWG), jeweils in Verbindung mit den nationalen Ausführungsvorschriften [↩]
- vergleiche dazu BGH GRUR 2012,842 – Neue Personenkraftwagen [↩]
- vergleiche Ziff. 11 der Erwägungen der Richtlinie [↩]
- im Ergebnis wie hier OLG Stuttgart GRUR-RR 2009,343 [↩]
- vergleiche BGH aaO – Neue Personenkraftwagen [↩]
- aA offensichtlich OLG Hamm MMR 2010,548; Köhler/Bornkamm UWG 31.A. § 4 Rdnr. 11.121 [↩]
- vergleiche OLG Hamburg OLGR 2008,912; OLG Frankfurt OLGR 2007,457 [↩]
- Müller-Broich, TMG § 2 Rdnr. 1 [↩]