Der demnächst nicht mehr städtische Wochenmarkt

Eine Stadt darf die Durchführung ihrer Wochenmärkte im Rahmen eines noch abzuschließenden Durchführungsvertrags an eine lokale Bewerberin vergeben.

In dem hier vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall ging es um die Wochenmärkte der Stadt Solingen in Solingen-Mitte, Solingen-Wald und Solingen-Ohligs. Die Stadt Solingen führte ihre Wochenmärkte bis 2014 selbst durch. Um deutliche Gebührenanhebungen zu vermeiden, beschloss der Rat der Stadt bereits im Jahr 2014, die öffentlich-rechtliche Trägerschaft aufzugeben und die Märkte in eine privatrechtliche Organisationsform zu verlagern. Hierdurch sollten die Wochenmärkte als Einrichtung gesichert und Belastungen für die Händler minimiert werden. Nach mehreren gescheiterten Vergabeverfahren veröffentlichte die Stadt im Juli 2020 eine erneute öffentliche Ausschreibung einer Dienstleistungskonzession über die Durchführung der Wochenmärkte. Die Ausschreibung sah u. a. vor, dass mit dem ausgewählten Bewerber ein Durchführungsvertrag abgeschlossen werden und Marktfestsetzungen zu seinen Gunsten erfolgten sollten. Auf die Ausschreibung bewarben sich eine lokale Bewerberin und die hier klagende Konkurrentin, eine deutschlandweit tätige Veranstalterin von Wochenmärkten. In der Bewerbung der Konkurrentin auf die Ausschreibung befand sich auch ein Antrag auf gewerberechtliche Festsetzung der Wochenmärkte.

Ende des Jahres 2020 reklamierte die Konkurrentin eine fiktive Marktfestsetzung für sich, weil die Stadt über ihren Antrag auf Marktfestsetzung nicht innerhalb von drei Monaten entschieden hatte. Im Januar 2021 teilte die Stadt der Konkurrentin mit, dass sie sich im Rahmen einer Auswahlentscheidung zugunsten der lokalen Bewerberin entschieden habe. Im Mai 2021 untersagte das Verwaltungsgericht Düsseldorf der Stadt in einem Eilverfahren, der lokalen Bewerberin den Zuschlag für die Durchführung der Märkte zu erteilen. Im Hauptsacheverfahren wies das Verwaltungsgericht die Klage später ab1. Ein Zuschlag für die Durchführung der Märkte ist bisher nicht erfolgt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Konkurrentin zurückgewiesen:

Für die Konkurrentin besteht zunächst keine fiktive Marktfestsetzung. Ihr Antrag auf Marktfestsetzung war von vornherein nicht vollständig und nicht geeignet, eine fiktive Erlaubniserteilung herbeizuführen. Aus ihrem Antrag ging nicht hervor, dass der Marktdurchführung durch die Konkurrentin keine sonstigen rechtlichen Hindernisse mehr entgegenstanden. Der Antrag bezog sich nicht auf eine Fläche, über die die Konkurrentin verfügen durfte. Sie war vielmehr Gegenstand der Ausschreibung einer Dienstleistungskonzession. Die Einführung der Genehmigungsfiktion für Marktfestsetzungen diente lediglich der Umsetzung der verpflichtenden Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie über Genehmigungsregelungen und sollte hierüber nicht hinausgehen. Eine solche unionsrechtliche Pflicht besteht jedenfalls nicht bezogen auf Marktfestsetzungsanträge, die sich auf Märkte beziehen, welche wie in Solingen als öffentliche Einrichtungen, auch im Konzessionsmodell, betrieben werden sollen, und über deren Flächen der Antragsteller etwa wegen einer fehlenden Sondernutzungserlaubnis nicht verfügen kann. Eine weitergehende Regelung war weder beabsichtigt, noch war der Bundesgesetzgeber wegen seiner insoweit nur noch nachwirkenden Gesetzgebungskompetenz hierzu befugt, nachdem das Marktrecht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übergegangen war.

Die von der Konkurrentin hilfsweise gerügte Auswahlentscheidung zugunsten der lokalen Bewerberin ist ebenfalls in der Sache nicht zu beanstanden. Die Stadt hat die Vergabe der Wochenmärkte im Einklang mit bundes- und unionsrechtlichen Vorgaben fair und transparent öffentlich ausgeschrieben. Die ausgewählte lokale Bewerberin hat sie unter Wahrung ihres Auswahlermessens frei von durchgreifenden Bewertungsmängeln ausgewählt. Im Rahmen der noch ausstehenden Verhandlungsvergabe besteht noch Raum dafür, dass sich die Beklagte Durchgriffsrechte vorbehält, um ihren öffentlich-rechtlichen Bindungen bei der Durchführung der Wochenmärkte entsprechen zu können.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräfitg, das Oberverwaltungsgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Mit Urteil vom selben Tag hat das Oberverwaltungsgericht in einem anderen Verfahren die Berufung einer Wochenmarktbetreiberin zurückgewiesen, mit der sie sich gegen die Entscheidung der Stadt Velbert wandte, ihre Wochenmärkte künftig wieder in kommunaler Eigenverantwortung zu betreiben2. Diese Entscheidung der Stadt steht dem Begehren der Konkurrentin, die Wochenmärkte zu ihren Gunsten festzusetzen, entgegen.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein -Westfalen, Urteil vom 24. Mai 2024 –

  1. VG Düsseldorf – 3 K 7310/20 []
  2. OVG NRW, Urteil vom 24.05.2024 – 4 A 954/23 []