Der Ausgleichsanspruch des Handeslvertreters in Altfällen
Der Bundesgerichtshof teilt die Auffassung1, dass sich der Ausgleichsanspruch eines Versicherungsvertreters, der vor dem Inkrafttreten der Neufassung des § 89b HGB2 am 5. August 2009 entstanden ist, nach § 89b HGB a.F. beurteilt.
Nach dem in Art. 170 EGBGB zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Rechtsgedanken untersteht ein Schuldverhältnis nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht, das zur Zeit der Verwirklichung des Entstehungstatbestandes galt3.
Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 89b HGB a.F. im Lichte von Art. 17 der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18.12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter4 ist, soweit es um den Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters geht, nicht veranlasst. Da Versicherungsvertreter von der genannten Richtlinie nicht erfasst werden, ergibt sich die Notwendigkeit einer europarechtskonformen Auslegung von § 89b HGB a.F. nicht aus dem Europarecht selbst5.
Eine europarechtskonforme Auslegung ist vorliegend auch nicht wegen des Gebots der einheitlichen Auslegung des nationalen Rechts erforderlich. Der Bundesgerichtshof teilt die Auffassung6, dass ein Wille des nationalen Gesetzgebers zur Gleichbehandlung des Ausgleichsanspruchs von Handelsvertretern mit dem von Versicherungsvertretern im zeitlichen Anwendungsbereich von § 89b HGB a.F. nicht existiert. Angesichts der dezidierten Ausführungen der Bundesregierung in BT-Drucks. 11/3077, S. 9 f., dass mit der vorgeschlagenen Regelung des § 89b Abs. 5 HGB lediglich der für Versicherungsvertreter geltende, durch Besonderheiten im Vergleich zum Warenvertreter geprägte Rechtszustand kodifiziert werden sollte, kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber, der im Jahr 1989 der Auffassung des Rechtsausschusses7 gefolgt ist, § 89b Abs. 1 HGB entspreche bereits den Anforderungen der genannten Richtlinie, mit der Ablehnung des Vorschlags der Bundesregierung eine Gleichbehandlung von Handelsvertretern und Versicherungsvertretern in Bezug auf den Ausgleichsanspruch vornehmen wollte.
Bundesgerichtshof, Beschluss des VII. Zivilsenats vom 21. Februar 2013 – VII ZA 14/12
- BGH, Urteil vom 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 Rn.2023 [↩]
- gemäß Art. 6a des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung vom 31.07.2009, BGBl. I S. 2512 [↩]
- vgl. MünchKomm-BGB/Krüger, 6. Aufl., Art. 170 EGBGB Rn. 3 m.w.N. [↩]
- ABl. EG Nr. L 382 S. 17 [↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 Rn. 25 [↩]
- BGH, Urteil vom 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 Rn. 2628 [↩]
- BT-Drucks. 11/4559, S. 9 [↩]