Energieverbrauchskennzeichnung im Autohandel
Die Qualifikation des „flüchtigen Lesens“ (Anlage 4 Abschnitt I Nr. 2 zu § 5 Pkw-EnVKV), betrifft nur das Tatbestandsmerkmal der leichten Verständlichkeit und nicht das der guten Lesbarkeit. Die leichte Verständlichkeit bezieht sich auf die inhaltliche Verständlichkeit des Textes.
§ 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV ordnet an, dass Händler, die Werbeschriften erstellen lassen, sicherzustellen haben, dass in den Werbeschriften Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 gemacht werden. In Abschnitt I der Anlage 4 zu § 5 Pkw-EnVKV ist unter Nr. 2 angeordnet, dass die Angaben auch bei flüchtigem Lesen leicht verständlich, gut lesbar und nicht weniger hervorgehoben sein müssen als der Hauptteil der Werbebotschaft. § 5 Pkw-EnVKV dient der Umsetzung der Richtlinie 1999/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.1999 über die Bereitstellung von Verbraucherinformationen über den Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen beim Marketing für neue Personenkraftwagen. Nach dem dortigen Anhang IV (Angaben über Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen in Werbeschriften) stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass in allen Werbeschriften der offizielle Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen des betreffenden Fahrzeugs angegeben werden. Die entsprechenden Angaben sollten zumindest folgenden Anforderungen genügen:
Die Angaben sollten gut lesbar und nicht weniger hervorgehoben als der Hauptteil der Werbebotschaft sein.
Die Angaben sollten bereits bei flüchtigem Lesen leicht verständlich sein.
Ausweislich der Begründung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit zu § 5 Pkw-EnVKV vom 18.02.20041 sollte sich die Verordnung eng an die Regelungen der genannten Richtlinie halten. Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber über die Mindestanforderungen der Richtlinie hinausgehen wollte, finden sich nicht. Der Wortlaut der Verordnung spricht gleichfalls nicht dafür, dass über die Mindestvorgaben der Richtlinie hinausgegangen werden sollte.
Folglich ist zu unterscheiden zwischen der leichten Verständlichkeit bei flüchtigem Lesen und den übrigen Anforderungen der Richtlinie an gute Lesbarkeit und ausreichende Hervorhebung. Der Begriff der leichten Verständlichkeit betrifft einen kognitiven Vorgang. Es kommt somit – auch zur Unterscheidung zu den übrigen tatbestandlichen Anforderungen – nicht auf die äußerliche Qualität des Schriftstücks wie Schriftgröße, Anordnung innerhalb eines Fließtextes oder ähnliches an, sondern auf die inhaltliche Verständlichkeit des Textes.
Die Klägerin setzt sich trotz Hinweises der Landgericht mit diesen Anforderungen nicht auseinander. Dass die von der Beklagten gegebenen Angaben über Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen selbst bei flüchtigem Lesen inhaltlich nicht leicht verständlich seien, bringt selbst die Klägerin nicht vor. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Angaben selbst bei flüchtigem Lesen nicht leicht verständlich sein sollten.
Das Verständnis des Begriffs „Neue Personenkraftwagen“ in § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV ist anhand objektivierbarer Umstände auszurichten, aus denen sich ergibt, dass das betreffende Fahrzeug vom Händler alsbald nach dem Erwerb veräußert werden soll2. Vorliegend wurde der beworbene Pkw zunächst von einem Autohändler in Österreich erworben, der diesen ausweislich der vorgelegten Zulassungsbescheinigung am 8.08.2012 erstmalig zugelassen und bereits am 21.08.2012 wieder abgemeldet hat. Der Pkw hat eine Laufleistung von 50 km.
Dass das Fahrzeug bei Angebot durch die Beklagte älter als ein Jahr war, ändert an der Qualifikation als neuer Personenkraftwagen im Sinne von § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV nichts. Es geht in vorliegendem Zusammenhang nicht um kaufrechtliche Bewertungen, sondern darum, dass die Verbraucher Informationen über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von neuen Personenkraftwagen, die zum Kauf angeboten werden, erhalten und so ihre Entscheidung in voller Sachkenntnis treffen können (Art. 1 der Richtlinien 1999/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.1999).
Landgericht Freiburg, Urteil vom 14. April 2014 – 12 O 72/13