Beweislast bei der Spediteurshaftung

Wird der Fixkostenspediteur wegen Schlechterfüllung einer von ihm vertraglich übernommenen speditionellen Nebenpflicht im Sinne von § 454 Abs. 2 Satz 1 HGB (hier: fehlerhafte Verpackung des Transportgutes) auf Schadensersatz in Anspruch genommen, beurteilt sich seine Haftung nach § 461 Abs. 2 Satz 1 HGB. Die Beweislastverteilung bei § 461 Abs. 2 Satz 1 HGB richtet sich nach den auch für § 280 Abs. 1 BGB geltenden Regeln. Der Gläubiger ist daher regelmäßig beweispflichtig für den Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden.

Eine mögliche Haftung des Spediteurs für den vom Auftraggeber geltend gemachten Schaden ergibt sich nicht aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern beurteilt sich nach § 461 Abs. 2 Satz 1, § 454 Abs. 2 HGB in Verbindung mit Ziffern 22, 23 und 27 ADSp.

Der Spediteur haftet gemäß § 461 Abs. 2 Satz 1 HGB für Schäden, die nicht durch Verlust oder Beschädigung des in seiner Obhut befindlichen Gutes entstanden sind, wenn er eine ihm nach § 454 HGB obliegende Pflicht verletzt. Die Vorschrift gilt also bei einer Schlechterfüllung der Pflichten im Sinne von § 454 Abs. 2 Satz 1 HGB1. Auf die Übernahme einer Verpackungspflicht nach § 454 Abs. 2 Satz 1 HGB kommt daher auch bei Vereinbarung „fester Kosten“ nicht Frachtrecht (§ 459 Satz 1 HGB), sondern ausschließlich Speditionsrecht zur Anwendung.

Der Fixkostenspediteur ist grundsätzlich nicht zur Verpackung verpflichtet (vgl. § 459 Satz 1 HGB i.V.m. § 411 Satz 1 HGB). Er kann die Verpackung des Gutes allerdings kraft besonderer Vereinbarung als zusätzliche Speditionsleistung übernehmen (§ 454 Abs. 2 Satz 1 HGB) mit der Folge, dass auf diese ihrer Natur nach werkvertragliche Pflicht die speditionsrechtlichen Vorschriften zur Anwendung kommen2. Dies gilt unabhängig davon, ob sich der Spediteur zur Verpackung selbst oder nur zum Abschluss von Verträgen mit Dritten über die Vornahme der Verpackung (Ziffer 2.2 ADSp) verpflichtet hat3. Von einer Vereinbarung im Sinne des § 454 Abs. 2 Satz 1 HGB ist jedoch nur auszugehen, wenn die Verpackungsleistung als beförderungsbezogene, speditionelle Nebenpflicht im Rahmen eines Speditionsvertrags (§ 453 Abs. 1 HGB) und nicht unabhängig davon übernommen wird4.

Im Streitfall hat die Spedition die Verpackung der Maschine nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts als bloße Nebenpflicht im Rahmen eines Speditionsvertrags und nicht als eine selbständige, unabhängig von der Speditionsleistung bestehende Hauptleistungspflicht übernommen. Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei aus den Umständen hergeleitet, unter denen die Vereinbarung über die Verpackung zwischen der Versicherungsnehmerin und der Spedition getroffen worden ist. Das Berufungsgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich bei der Spedition anders als in dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13.09.2007 entschiedenen Fall5 um ein international tätiges Speditionsunternehmen handelt, das grundsätzlich selbst keine Verpackungen des Transportguts vornimmt. Die Spedition hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch keine Garantie für einen Korrosionsschutz übernommen. Darin unterscheidet sich der Streitfall ebenfalls von dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13.09.2007 entschiedenen Sachverhalt6. Diese Umstände hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei dahin gewürdigt, dass der Verpackung nach dem Willen der Vertragsparteien keine eigenständige Bedeutung im Verhältnis zu dem sich anschließenden Transport zukommen sollte.

Die Spedition macht demgegenüber ohne Erfolg geltend, dass die Korrosionsschäden während des Seetransports entstanden seien, müsste die Haftung der Spedition im Hinblick auf den dann bekannten Schadensort gemäß § 452a HGB nach den Bestimmungen des Seefrachtrechts beurteilt werden. Auf der Grundlage einer Haftung der Spedition nach den Vorschriften des Landfrachtrechts habe das Berufungsgericht verkannt, dass insoweit allenfalls § 425 Abs. 1 HGB als Anspruchsgrundlage in Betracht komme, da die Spedition wegen einer Beschädigung des Transportguts in Anspruch genommen werde. Diese Bestimmung verdränge als lex specialis auch eine etwaige Verletzung von transportnahen Nebenpflichten (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dem kann, so der BGH, nicht zugestimmt werden.

Der Anknüpfungspunkt für die Haftung der Spedition besteht nicht in einer von ihr während der Seebeförderung verursachten Beschädigung des Gutes, sondern in der von der Klägerin behaupteten mangelhaften Erfüllung der übernommenen Verpackungspflicht. Diese hat mit einer „Beförderung“ im Sinne von § 459 Satz 1 HGB nichts zu tun. Von einer „Beförderung“ kann nur im Hinblick auf frachtrechtliche Pflichten ausgegangen werden7. Danach ist entgegen der Ansicht der Revision der Anwendungsbereich des § 452a HGB, der ebenfalls an eine „Beförderung“ anknüpft, nicht eröffnet8.

Für eine Haftung der Beklagten aus § 461 Abs. 2 Satz 1 HGB trifft den Auftraggeber grundsätzlich die Beweislast dafür, dass zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden ein Kausalzusammenhang besteht, da sich die Beweislastverteilung bei § 461 Abs. 2 Satz 1 HGB nach den allgemein für § 280 Abs. 1 BGB geltenden Regeln richtet9 und dies der Beweislastverteilung zur Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB entspricht10. Das Beweismaß beurteilt sich nach § 286 ZPO. Ein besonderer Kausalitätsnachweis ist allerdings nicht erforderlich, wenn feststeht, dass der Schaden nur bei Durchführung des Vertrags eingetreten sein kann oder die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Schuldners herrührt11.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. Februar 2012 – I ZR 150/10

  1. Koller, Transportrecht, 7. Aufl., § 454 HGB Rn. 44; MünchKomm-.HGB/Bydlinski, 2. Aufl., § 461 Rn. 14 []
  2. BGH, Urteil vom 13.09.2007 I ZR 207/04, BGHZ 173, 344 Rn. 16; Koller aaO § 459 HGB Rn. 13 []
  3. Koller aaO § 459 HGB Rn. 13 []
  4. vgl. BGHZ 173, 344 Rn. 16; Koller aaO § 454 HGB Rn. 21; vgl. auch Begründung des Regierungsentwurfs zum Transportrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 13/8445, S. 107 []
  5. BGHZ 173, 344 Rn. 1, 17 []
  6. BGHZ 173, 344 Rn. 17 []
  7. vgl. Koller aaO § 459 HGB Rn. 4 f. und 13; Rinkler in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 459 Rn. 28 []
  8. vgl. BGHZ 173, 344 Rn. 25 []
  9. Koller aaO § 454 HGB Rn. 44; MünchKomm-.HGB/Bydlinski aaO § 461 Rn. 22 []
  10. vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2010 – VI ZR 284/09, BGHZ 188, 29 Rn.19; Beschluss vom 22.09.2011 – IX ZR 19/09 Rn. 4 []
  11. vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 280 Rn. 38 []